Es war einmal eine Malzfabrik in Niedersedlitz

Malzfabrik Niedersedlitz Dresden

Mit der Vorstellung der Malzfabrik in Niedersedlitz möchte ich heute meine Reihe über die verfallenen und scheinbar vergessenen „Orte“ in Dresden beginnen, an denen einst das Leben pulsierte. Die alte Mälzerei habe ich mir ausgesucht, weil deren imposante Geschichte, die ich hier nicht nacherzählen werde, nicht in Vergessenheit geraten darf und der industrielle Gebäudekomplex endlich wieder Aufmerksamkeit bekommt.

Es war einmal eine Malzfabrik in Niedersedlitz, in der einst Leben herrschte, wo fleißig produziert und emsig gearbeitet wurde. Heute bietet das ehemalige Fabrikgelände in Dresden, dessen Türme „Max und Moritz“ heißen, einen traurigen Anblick. Ein Werk mit Geschichte: Vergessen und dem Verfall gewidmet. Oder gibt es Rettung für die Gebrüder Pick Malzfabrik?Max und Moritz Niedersedlitz

 

Vergessen und dem Verfall gewidmet: Malzfabrik in Niedersedlitz

Die einst stattlichen Fabrikgebäude der Malzfabrik in Niedersedlitz, welche in unmittelbarer Nachbarschaft zum damaligen „Sachsenwerk“ Dresden auf der heutigen Straße des 17. Juni (früher Hennigsdorfer Straße) stehen, verlottern mehr und mehr. Trist sahen die Fassaden eigentlich schon immer aus. Selbst zu DDR-Zeiten, als die von den Gebrüdern Adolf und Moritz Pick (Kaufleute aus Böhmen) gegründete Malzfabrik in Niedersedlitz zum VEB Getränkekombinat gehörte. Heute ist nicht nur ein baulicher Verfall des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes zu erkennen, sondern auch deutliche Spuren von Vandalismus.
Dresdner MalzfabrikBaudenkmal Ruine Niedersedlitz
Die Dresdner Malzfabrik galt im Jahr ihrer Inbetriebnahme, das soll 1889 gewesen sein (andere Quellen jedoch sprechen von einem wesentlich früheren Zeitpunkt der Eröffnung – nämlich 1873), als eine der Fortschrittlichsten in Sachsen und etablierte sich schnell in ganz Deutschland zu einer „Größe“ auf ihrem Gebiet. Unterdessen mutet das verlassene Firmengelände, der Betrieb lief bis einschließlich 1990, die Liquidierung erfolgte im September jenes Jahres durch die Treuhandanstalt Berlin, wie ein trostloses Baukunstwerk an. Eine Industrieruine in Dresden mehr, die keiner haben möchte. Ein übrig gebliebenes Häufchen Elend: Vergessen und dem Verfall gewidmet. Ich finde es traurig, dass etwas vergammelt, was Geschichte schrieb. Fabrik-Ruine Dresden

Wildes Leben auf dem verwilderten Fabrikgelände

Es ist Mai 2018, die Bäume auf dem Gelände der alten Malzfabrik in Niedersedlitz haben ihr grünes Blätterkleid angezogen. Vögel zwitschern munter im Geäst. Freudig begrüßen sie den Lenz, der selbst dort Einzug gehalten hat, wo heute kein Mensch mehr ein und aus geht. Sogar Schmetterlinge, die im Stadtbild ohnehin Seltenheitswert haben, kann ich im wild wuchernden Gras auf dem Grundstück der Industrieruine hinter dem Zaun ausmachen. Leider sind sie zu schnell, um sie vor die Linse zu bekommen. Ebenso wie die dicke Ratte, die über eine der brüchigen Rampen auf dem Gelände der ehemaligen Malzfabrik balanciert. Nun gut, so niedlich wie meine Hausratten war sie nun wirklich nicht. Eingang Malzfabrik Niedersedlitz 2018Tor Malzfarbrik NiedersedlitzPennerbude Dresdenehemalige Fabrik Straße 17. Juni Dresden
Wer weiß, was sich auf dem verwilderten Industriegrundstück (10 000 m² Gesamtfläche / 5710 m² Grundstücksfläche) im Unterholz und in den ruinösen Gebäuden noch so alles tummelt. Die Tore der ehemaligen Malzfabrik in Niedersedlitz sind allesamt mit dicken Ketten und Schlössern versehen, sodass ein Hineinkommen nicht möglich ist.
Industriedenkmal DresdenEventuell gibt es auf der Rückseite (am Bahndamm) einige Schlupflöcher, um auf das verfallene Fabrikgelände zu gelangen.Reizen würde es mich schon. Aber ich bin diesbezüglich ein „Schisser“. : )

Baudenkmal Ruine Mälzerei DresdenReisstraße Dresden

 

Max und Moritz: Stumme Zeitzeugen klagen an!

Die beiden Lufteinlasstürme des wahrscheinlich größten Industriedenkmals im schönen Elbflorenz, sind bereits von Weitem sichtbar. Fast schon trotzig muten die Lufttürme an, die einst von den Bewohnern des Dresdner Stadtteils die Namen der beiden „Busch-Buben“ erhalten haben: Max und Moritz haben viele Menschen kommen und gehen sehen. Sie haben über Jahrzehnte zahlreiche Geschichten gehört und an vielen Schicksalen teilgehabt. Sie durften den Aufstieg der Malzfabrik Niedersedlitz miterleben und werden wahrscheinlich auch deren Untergang entgegen sehen, wenn nicht bald ein Wunder passiert.

Lufttürme Mälzerei DresdenDie stummen Zeitzeugen der Mälzerei klagen wortlos an. Sie stehen für Beständigkeit, trotzen bisher Wind und Wetter und behalten den Überblick. Aber wie lange werden Max und Moritz noch stolz und mahnend zugleich über den Dächern von Niedersedlitz wachen?

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Update 12.11.2020: Malzfabrik Niedersedlitz in Flammen!

 

Ich habe das Heulen der Sirenen in der vorangegangenen Nacht (am 11.11.2020) gehört und am Morgen danach gelesen, dass auf dem Gelände der ehemaligen Malzfabrik in Niedersedlitz ein Feuer ausgebrochen war. Zwei Gebäude des maroden Industriedenkmals brannten lichterloh, Feuerfunken erhellten den nächtlichen Himmel. War es Brandstiftung? Die Ermittlungen dauern noch an! Nur gut, dass die 90 Kameraden der Dresdner Feuerwehren den Brand löschen und die Glutnester ersticken konnten. Und dass, obwohl ihr Einsatz nicht ganz ungefährlich war, da Funkensturm und Einsturzgefahr die Arbeit der Feuerwehrleute massiv erschwerten.

Was wird aus abgebrannter Malzfabrik in Dresden?Einige Aufnahmen, wie es nach dem Brand auf dem Gelände der Malzfabrik in Niedersedlitz aussieht, findest du auf lostplacewunderland.com. Schön, dass es noch Menschen gibt, die heimlich hinter die Kulissen blicken und Orte zeigen, welche einst mit Leben erfüllt waren und heute vor sich hin faulen. Schon klar, die Malzfabrik in Niedersedlitz ist nun einmal nicht die Dresdner Frauenkirche. Sie steht nicht im Zentrum der Stadt und gilt als Touristenattraktion. Ein Grund mehr, die altehrwürdigen Gemäuer weiter vergammeln zu lassen und darauf zu warten, dass nach dem Brand endgültig alles einstürzt. Ist wahrscheinlich einfacher, ein Grundstück loszuwerden, auf dem keine unter Denkmalschutz stehenden Gebäude mehr vorhanden sind. Ironie Ende.

 

 

8 Kommentare

  • Danke für den kurzen geschichtlichen Überblick. Als Niedersedlitzer seh ich die beiden jeden Tag. Ich hoffe, das die beiden Türme den verheerenden Brand heute Nacht überlebt haben. Sind sie doch fast schon ein kleines Wahrzeichen des Stadtteils geworden.

  • Kerstin Schuster

    Hallo Matthias, vielen Dank für deinen Kommentar. Ich war auch sehr schockiert darüber und habe extra ein kurzes Update verfasst. Bei Gelegenheit werde ich mir den Schaden ansehen und in Form von Fotos hier dokumentieren. Ich hoffe ebenfalls, dass Max und Moritz den Brand überstanden haben.
    LG Kerstin

  • B. Pick

    Hallo,
    Ob ihr es glaubt oder nicht, diese Malzfabrik gehörte einmal meinem Urgrossvater und seinen Brüdern. Ich recherchiere sie zurzeit weil ich mich mit meiner Familienvergangenheit auseinandersetzte – und bin ebenso entsetzt zu hören dass es dort ein Feuer gab. Es freut mich aber, dass die Fabrik noch steht, und wohl teil des Dresdener Stadtbilds ist.
    Frau B. Pick

  • Kerstin Schuster

    Liebe Frau B. Pick,
    vielen Dank für Ihre Nachricht. Ja, die Malzfabrik in Niedersedlitz steht noch. Sie verkommt leider immer mehr und das ist ziemlich traurig. Das Feuer hat überdies weiteren Schaden angerichtet, aber „Max und Moritz“ sind standhaft geblieben. Ich wünsche Ihnen ganz viel Erfolg bei der Recherche Ihrer Familiengeschichte, es ist sehr spannend in die Vergangenheit einzutauchen und herauszufinden, was einmal war.
    Liebe Grüße Kerstin

  • Fischer

    Hallo, ich verfolge seit mehreren Jahren, dass Treiben der Investoren estoren der Malzfabrik. Es scheint sehr sicher zu sein, dass ein geplant Abriß bevor steht. Es sollen Luxuswohnungen an gleicher Stelle gebaut werden. Auch habe ich verfolgt das, ich glaube 2015 ein Auftrag der Bebauung und Machbarkeit an die TU Dresden ging. Das Ergebnis kenne ich leider nicht. Sicher war, dass kurze Zeit später, das Banner des Investors angenommen wurde. Da ich nicht nur über Investoren meckern, plane ich ein Modell im Maßstab 1:120 zu bauen. Weiterhin sind meine Ideen zur Nutzung der Gebäude fest fertig und beachten nicht nur den Denkmalschutz, sondern auch eine eigene, unabhängige Stromversorgung, und natürlich auch die wirtschaftliche Seite. Dieses einzigartige Ensemble der Industriearchitektur könnte Dresden sehr stolz machen. Zumal in dieser Stadt schon viel zu viel zerstört wurde. Unabhängig ob meine Ideen möglich sind ist es an der Zeit, mit weiterer großartig, Ingenieursleistung diese Gebäude zu retten. Ich glaube, andere Städte würden sich die Finger nach so einem Objekt lecken.
    Mit freundlichen Grüßen M. Fischer

    • Kerstin Schuster

      Hallo M. Fischer,
      herzlichen Dank für den Kommentar. Ich befürchte, dass es nunmehr zu spät ist, die Malzfabrik in Niedersedlitz noch zu retten. Gerade in dieser Zeit, wo Baumaterialien ein halbes Vermögen kosten, Grund und Boden teurer denn je sind, wird sich kaum noch jemand finden, der so ein heruntergekommenes Industriebaudenkmal käuflich erwirbt, um es auf- und auszubauen. Vor fünf Jahren wäre es vielleicht noch möglich gewesen, abgesehen davon, dass die Bausubstanz auch da schon mächtig gelitten hat. Wie es in den Gebäuden aussieht, wissen nur die, die sie besichtigt haben. Ich denke, dass die Fassade immer noch besser ist, als all das, was sich dahinter verbirgt. Aber wer weiß, vielleicht geschehen doch noch Zeichen und Wunder.
      Liebe Grüße Kerstin

  • Jens

    Hallo.
    Wir waren in der alten Mälzerei, nach dem das eine Gebäude abgebrannt war und haben uns alles angeschaut. Weiß zufällig jemand, wie tief die gigantische Brunnenanlage ist ? Ich habe zwar ewig im Internet gesucht, aber leider nichts gefunden.
    Mit freundlichen Grüßen, Jens.

    • Kerstin Schuster

      Hallo Jens,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Deine Frage kann ich dir leider auch nicht beantworten. Ich habe online ebenfalls keine konkreten Hinweise gefunden.
      Liebe Grüße Kerstin

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